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Landtagswahl in NRW - Politik im Fußball

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Gast





BeitragVerfasst am: 10 Mai 2010 19:10   Titel: Landtagswahl in NRW - Politik im Fußball Antworten mit Zitat

Nordrhein-Westfalen hat gewählt. Der Urnengang im bevölkerungsreichsten Land galt als Gradmesser für die schwarz-gelbe Koalition in Berlin. Beide Parteien wurden abgestraft - mit zusammen ca. 41% wurde die amtierende Regierung um Ministerpräsident Rüttgers abgewählt. Doch nicht nur an der Urne und im Parlament wird Politik offensichtlich. Auch im Fußballmikrokosmos finden sich politische Akzente und Partizipation.

Ein Beispiel hierfür konstituiert der Katalane Oleguer. Von 2001 bis 2008 kickte er bei Barcelona, 2003 wurde er bei einer Hausbesetzung einer illegalen Jugendkneipe festgenommen. Schon zuvor sollte er Kontakte in die linke Hausbesetzerszene gehabt haben. Auch auf Kundgebungen und diversen Veranstaltungen hielt er sich auf. Am 7. Januar 2007 dann äußerte der sozialistische Katalane in einem Zeitungsinterview Mitgefühl und Unterstützung für viele in Haft sitzenden ETA-Terroristen. Er klagte die schlechten Haftbedingungen an und solidarisierte sich mit den in Hungerstreik stehenden ETA-Häftlingen.

Kommunisten und Faschisten in Italien
Ähnlich herkunftstreu gibt sich Christiano Lucarelli. Der 31-jährige gesteht, er sei Kommunist – von Geburt an. Geboren wurde er in der Hafenarbeiterstadt Livorno, wo er von 2003 bis 2007 auf Torejagd ging. Über den Umweg über Donezk und Parma ist er nun 2009 auf Leihbasis wieder bei seiner alten Liebe Livorno gelandet. Zu den kommunistischen Ultras des Vereins, den Autonomen Brigaden Livornos, hegt Lucarelli eine innige Beziehung. So spendierte er beispielsweise Anhängern der Ultras nach einer Festnahme aufgrund einer Straßenschlacht drei Busse für den Heimweg
Dem kommunistischen Livorno steht in Italien Paolo di Canio diametral gegenüber. Während Lucarelli seine Tore mehrmals mit der kommunistischen Faust feierte, streckte di Canio im Stadion wiederholt seinen rechten Arm zum römischen Gruß aus. Auf seinem Oberarm prankt der Schriftzug Dux - „Führer“. Auch zu den rechtsradikalen Ultras Irriducibili Lazio hat der inzwischen 41-jährige eine enge Verbindung. Diese Gruppierung unterhält Kontakte zur Camorra, der italienischen Mafia. Sie stellen beispielsweise bei rechten Demonstrationen den Ordnerdienst. Paolo di Canio erhält ebenfalls Unterstützung aus der Politik. Staatsoberst Berlusconi nahm den damaligen Lazio-Profi inSchutz: „Ich kenne di Canio sehr gut, er ist ein anständiger Typ. Er ist nur ein wenig extrovertiert“.

Auch in Deutschland sind politische Geständnisse und Bekundungen existent. Nicht nur aktive Spieler, sondern auch Trainer haben eigene Ansichten auch in der Öffentlichkeit vertreten. Klaus Schlappner beispielsweise trainierte Mannheim, Jena, Darmstadt und Saarbrücken, kandidierte zudem bei der Kommunalwahl 1968 in seinem Heimatort Lampertheim für die NPD. Zu seiner Zeit als Coach bei Saarbrücken geriet Schlappner mit dem dunkelhäutigen Stürmer Anthony Yeboah aneinander. Seinen „Schwarzwälder“ nannte der Schlappner stets seinen Angreifer.

Doch auch im 21. Jahrhundert findet der deutsche Fußball seine Wege in die Politik. So wollte mit Christian Fiedler ein damals aktiver Torhüter die CDU im Mai 2005 unterstützen. Welches Amt er bekleiden sollte, darum ranken sich die Mythen. Vom Vizechef der Berliner CDU war die Rede, er selbst bestand später darauf, nur in sportpolitischen Themen beratend zur Seite stehen zu wollen. Doch alle Mythen waren kurze Zeit später obsolet – Fiedler lehnte den Posten (welcher Art auch immer) ab. In der Presse sei dies falsch dargestellt worden, verteidigt sich der jetzige Torwarttrainer der Hertha. Wie die Rollen auch verteilt waren, was Fiedler auch immer anstrebte, hier zeigt sich, dass Politik nicht immer problemlos im Fußball installiert werden kann. Fiedler musste sich schlussendlich zwischen dem Job als Torhüter und dem Posten in der CDU entscheiden.

St. Pauli - der Hort der Alternativen
Nicht zu einer politischen Partei, sondern vielmehr zu einer allgemeineren Aussage, hat sich Benedikt Pliquett bekannt. Der zweite Torhüter vom FC St. Pauli engagiert sich massiv gegen Rechtsradikalismus. Diese Ansicht hat der 25-jährige sicherlich nicht exklusiv – von wenigen Profis wird sie jedoch so vehement vertreten. Dieses betont antifaschistische Auftreten wäre wohl auch in Deutschland nirgendwo besser aufgehoben als in St. Pauli. Der Hamburger Stadtteil gilt als Hort der Alternativen.
Auch Volker Ippig prägte dieses Image. Der ehemalige Torwartspielte von 1986 bis 1992 bei St. Pauli. Nach seinem Abitur ging er zurAufbauhilfe nach Nicaragua zu den linken Sandinisten. Als Ippig dann wiedernach Deutschland zurückkehrte, wohnte er in der Hafenstraße. Besetzte Häuser,Widerstand gegen den Staat und ein linksalternativer Flair sind heute nochSchlagwörter, die auf die Hafenstraße zutreffen. Unter den Autonomen impolitischen Zentrum St. Paulis hauste also ein Fußballprofi.

Propaganda in Serbien
Wie ein angebliches politisches Engagement gerne zu Gunsten einer Partei instruiert wird, musste Sinisa Mihajlovic am eigenen Leib erfahren. Er sei in die Sozialistische Partei Serbien (SPS) eingetreten, so ließ die Partei im Jahre 2000 verkünden. Hier lehnte sich die Partei von Slobodan Milosevic, der wegen unzähligen Menschenrechtsverletzungen angeklagt ist, zu weit aus dem Fenster. Es war wohl reine Propaganda, um daraus Vorteile für die anstehende Wahl zu ziehen. Von Erfolg war das Manöver nicht gekrönt: Mihajlovic drohte seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft an, wenn diese Meldung nicht revidiert würde. Zudem wurde Milosevic wenige Wochen nach der Wahl am 5.10.2000 gestürzt, am 1.4.2001 festgenommen und in den Haag vor den internationalen Strafgerichtshof gestellt.


von Jerome Kirschbaum
dieser Text stammt aus dem blog von gleichehöhe
Kritik und Anregungen sind erwünscht und gerne gesehen.
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Gast





BeitragVerfasst am: 14 Mai 2010 02:29   Titel: Antworten mit Zitat

Sehr interessant.

Nur sind dir wohl nach dem Absatz im Block über Pauli die Leerzeichen ausgegangen
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Gast





BeitragVerfasst am: 16 Mai 2010 21:21   Titel: Antworten mit Zitat

Ja, leider hatte ich ein kleines Formatierungsproblem - Sorry!
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Gast





BeitragVerfasst am: 24 Mai 2010 20:20   Titel: Antworten mit Zitat

Hab Deinen Text eben erst entdeckt; liest sich vortrefflich und behandelt ein wirklich sehr interessantes Thema. Besonders gut gefällt mir die absolute Neutralität mit der Du eine Thematik präsentierst, die doch recht stark zur politischen Stellungnahme motiviert. Habe in diese Richtung schon viele Aufsätze und Einträge gelesen, die dadurch deutlich an Wert verloren und zu recht billigen, nahezu meinungsaufzwingenden Kolumnen wurden.

Weiterhin ist er sehr informativ, da mit man ne Menge mit, aber das kenn ich von Dir ja auch nicht anders
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