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Liebe Fußballfans,
ich habe ein Problem. Ich bin Hannover-Fan. Mein Verein heißt Hannover 96. Und das, solange ich denken kann. Fast jeder Hannoveraner freute sich im Mai vergangenen Jahres auf die beiden bevorstehenden Derbys gegen den BTSV. Endlich wieder das „echte“ Derby. Endlich wieder zeigen, wer die Nummer 1 in Niedersachsen ist. Endlich wieder das Wiedersehen zweier Rivalen auf Augenhöhe.
Kein Hannoveraner mag Braunschweig. Und auf der anderen Seite wünscht kein Braunschweiger einem Roten den Dreck unter den Fingernägeln. Und das ist gut so. Ich mag die Rivalität. Ich mag das besondere. Ich mag es, wenn es zwei Spiele im Jahr gibt, wo man sich schon Wochen vorher drauf freut. Wo man schon Wochen vorher ein Kribbeln im Bauch hat. Wo man schon Wochen vorher zittert, wie das Spiel wohl ausgehen mag. Und heute? Wo das Spiel in wenigen Stunden angepfiffen wird, ist mir der Ausgang des Spieles völlig egal. Ich spüre nichts anderes als Gleichgültigkeit. Mir ist es egal, ob wir heute gewinnen. Ich habe mich sogar mit einer vernichtenden Niederlage abgefunden.
Die meisten von euch werden das nicht nachvollziehen können. Fußball ist für mich mehr als neunzig Minuten im Block stehen und den Verein zu unterstützen. Fußball bedeutet für mich auch, sich mit Freunden und Bekannten auf den Weg zu machen. Woche für Woche fahren viele Verrückte ihrem Verein hunderte Kilometer hinterher. Und überall wird das geschätzt. Überall? Nein, nicht so in Hannover. Hier werden die treusten Fans Woche für Woche verarscht. In Zeiten, in denen wir eineinhalb Jahre kein Auswärtsspiel gewonnen haben und sich viele Fans dennoch alle zwei Wochen wieder um 5 Uhr morgens auf den Weg machen, sollte man doch gerade diesen Fans unendlich dankbar sein. Dafür, dass sich überhaupt noch wer auf den Weg macht. Dafür, dass es immer noch Rückhalt gibt. Auch nach der 10. Auswärtspleite am Stück.
Nicht so mein Verein Hannover 96. Nein, eigentlich darf ich das Wort „Verein“ in diesem Zusammenhang nicht mehr benutzen. Mein Verein ist, war und bleibt Hannover 96. Was mich so unendlich stört, ist die Hannover 96 GmbH & Co. KGaA. Diese KGaA änderte vor dem Derby in Braunschweig massiv die Spielregeln. Und verstößt dabei offensichtlich und bewusst gegen geltendes Recht.
Bei einer Sicherheitskonferenz vor dem Derby haben sich die beiden Vereine, die DFL und die Polizei darauf verständigt, dass es die Tickets für den Gästeblock nur im Zusammenhang mit einer Busreise gibt. Wer also zu dem Spiel fahren will, wird gezwungen, nach Hannover zu fahren und von Hannover aus im Bus nach Braunschweig transportiert zu werden - selbst wenn er nur 2 km vor Braunschweig wohnt. Verständlich, dass sich die rund 250 Auswärtsdauerkarten Inhaber darüber beschweren. Zumal ihnen vertraglich zugesichert wurde, dass ihnen die Tickets mehrere Tage vor dem Spiel im Original zugeschickt werden. Dass die Fans im Recht sind, zeigt nicht zuletzt ein Urteil des AG Hannover Anfang der Woche. Die Richterin gab den klagenden Fans Recht – und Hannover musste den elf klagenden Fans die Tickets aushändigen. Es ist bezeichnend für die Situation in Hannover, dass sich Martin Kind danach vor die Presse stellte und erklärte, dass es die Auswärtsdauerkarte nächste Saison nicht mehr geben werde, weil sie keinen Mehrwert für den Verein beinhalte.
Was in der Folge passierte, lässt mich nur noch den Kopf schütteln. Statt den anderen Auswärtsdauerkarten-Inhabern die Karten, wie im Vertrag zugesichert, im Original auszuhändigen, lässt es die KGaA darauf ankommen: Alle anderen Fans, die noch nicht geklagt haben, kriegen ihre Karten nur, wenn sie ebenfalls vor Gericht gehen.
Was ist das für ein schäbiges Verhalten? Wie wird hier bitte mit den treusten Fans umgegangen? Man fordert die Fans indirekt auf, den Verein zu verklagen und nimmt dafür Kosten im mittleren fünfstelligen Bereich in Kauf. Nachdem 86 weitere Fans einen Antrag beim Gericht gestellt haben und die Richterin diesen 86 Fans Recht gab, stellte die KGaA einen Befangenheitsantrag gegen die Richterin mit der Folge, dass die Sache an diesem Wochenende nicht mehr juristisch aufgeklärt werden kann. Die Fans kriegen ihre Karte vor dem Spiel nicht ausgehändigt, obwohl sie laut Vertrag einen Anspruch darauf haben.
Ich finde dieses Verhalten meines Vereins zutiefst beschämend. Nirgendwo anders wird so mit den Fans umgegangen. Gerade denen, die keine Kosten und Mühen scheuen, sollte man doch mit ein bisschen mehr Dankbarkeit und Respekt gegenübertreten. Stattdessen händigt der Verein nur denjenigen die Karten aus, die geklagt haben. Und auch nur, weil ein Gerichtsvollzieher die KGaA dazu zwingt. Dass es auch anders geht, zeigt die Tatsache, dass die Sponsoren von Hannover 96 selbstredend frei und ohne Bustransfer anreisen dürfen. Darauf angesprochen, entgegnete Dirk Dufner den vor der Geschäftsstelle wartenden Fans nur, dass die Sponsoren ja auch keine „marodierende Horde“ seien und „Sicherheit wichtiger als geltende Verträge und Richtersprüche“ seien.
Hannover 96 präsentiert sich erneut als Fan-Mobbing-Meister. Ich habe keine Lust mehr darauf, als potentieller Straftäter abgestempelt zu werden. Ich habe keine Lust mehr auf dieses fragwürdige Rechtsverständnis. Ich habe keine Lust mehr auf diesen Umgang mit treuen Fans.
Aus diesem Grund ist mir dieses Spiel, auf das ich mich wochenlang gefreut habe, gleichgültig. Ja die ganze Saison ist mir gleichgültig geworden. Ich feuere gerne meine Mannschaft in der ersten Liga an. Aber nicht zu jedem Preis. Wenn eine Besserung nur durch einen Abstieg erreicht werden kann, dann bin ich gerne dazu bereit, diesen Weg mit dem Verein (!) mitzugehen.
In guten Zeiten merkt man, wer Kunde ist. Aber nur in schlechten Zeiten merkt man, wer treuer Fan ist!
Ein von seinem Verein enttäuschter Fan.
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